Ein Kind beim Heranwachsen zu begleiten ist die wohl fordernste und anspruchsvollste Aufgabe, der Du Dich im Leben stellen kannst. Niemand wird in der Elternrolle geboren, es gibt keinen verpflichtenden "Führerschein" der einem die Befähigung und die Erlaubnis zum Kinder kriegen bescheinigt. In die Rolle eines Vaters/ einer Mutter muss jeder erst hinein- und damit über sein bisheriges Verständnis seiner selbst und der eigenen Fähigkeiten hinauswachsen. Ängste & Befürchtungen, Hilflosigkeit & Ohnmacht, Überforderung & Stress, Anspannung & Wut sowie unbeschreibliche Glücksgefühle, Nähe & Verbundenheit,Erfüllung & bedingungslose Liebe werden durchlebt.
Kindererziehung bringt jeden an seine tiefsitzenden Urängste und Glaubenssätze. Die eigenen Vorstellungen darüber, wie "man" in der Gesellschaft zu sein hat und was "man" erreichen sollte in seinem Leben. Während Du noch überlegst, was Du am besten als nächstes machen kannst, damit Dein Kind endlich aufhört zu schreien - "was sollen bloß die Leute denken?!"; es auf das hört, was Du ihm sagst und sich an die Regeln hält; es endlich zur Schule geht und den Ernst des Lebens versteht...- hinterfragst Du wahrscheinlich nur selten Deine automatisch ablaufenden Programme.
Kinder kommen mit einer reinen Seele zur Welt. Alles was sie tun, machen sie aus einer unbegrenzten Neugierde, Freude und Liebe heraus. Jedes von ihnen hat seinen ganz eigenen Lebensplan mit auf die Welt gebracht. Du glaubst vielleicht Du wärst allein dafür verantwortlich Dein Kind zu einem lebensfähigen Menschen oder einer bestimmten Persönlichkeit zu erziehen. Mit allen Mitteln versuchst Du womöglich Dein Kind zu biegen, zu formen damit es in bestimmte Vorstellungen von Dir und der Gesellschaft passt. Doch was Du dabei verpasst, ist die Einladung Deines Kindes Dich selbst besser kennen zu lernen. Kinder kommen "fertig" zur Welt, sie gehen ihren eigenen Weg, lernen von Vorbildern und suchen sich das für sie Passende heraus. Auf diesem Weg bieten sie den Eltern unzählige Chancen zu wachsen. Dein Kind spiegelt Dich wie kein anderer. Deine geliebten Anteile wie Deine abgelehnten und verdrängten Seiten. Deine Werte und Vorstellungen. Es bringt Dich an Deine Urängste und alte Verletzungen. Wenn Du es schaffst bewusst zu bleiben, kannst Du agieren statt nur zu reagieren. Dann kannst Du das Geschenk genießen, Dein Kind in seinem Wachstum zu beobachten und zu begleiten. Du kannst wahrnehmen, was es wirklich gerade von Dir in dem Moment braucht und wie Du es am besten unterstützen kannst.
Möglicherweise indem Du seinen Ärger aushältst, weil es seinen Willen nicht bekommt und ihm beibringen, dass es Wut ist was es empfindet. Und es in Ordnung ist wütend zu sein. Und dabei darauf zu achten wie es Dir selbst damit geht unangenehme Gefühle zu zulassen und zu zeigen: Erlaubst Du Dir wütend, traurig oder ängstlich zu sein und das zu zeigen? Woher kennst Du es, wenn z.B. jemand wütend wird? Was löst das in Dir aus?
Wenn Du wieder einmal aufgeregt, frustriert, entmutigt bist, lade ich Dich ein kurz inne zu halten.
Beobachte was passiert und stelle Dir eine der folgenden Fragen:
Was beobachte ich?
Welches Gefühl nehme ich in mir wahr? Wo im Körper kann ich es spüren?
Was ist es, was mich stört?
Woher kenne ich das? Erinnert es mich an jemanden? Habe ich dieses Thema auch? Verbiete ich mir genau so zu handeln?
Was erwarte ich gerade von meinem Kind?
Was würde sich dadurch für mich verändern?
Ist das was ich glaube, wie es sein sollte, wirklich wahr?
Was hat dafür gesorgt, dass mein Kind dieses Verhalten zeigt?
Ist seine Reaktion aus seiner Sicht angemessen?
Was braucht es gerade von mir? Zuspruch, Verständnis, Angenommen sein, eine liebevolle Grenze?
Was könnte ich tun, um unser beider Bedürfnisse in diesem Moment gerecht zu werden?
Wenn Du möchtest, dass Dein Kind zu einer verantwortungsvollen und selbst-bewussten Persönlichkeit heranwächst, musst Du es unterstützen indem Du Dir Deiner selbst bewusst bist und Dich authentisch zeigst. Du musst nicht perfekt sein, Du darfst Fehler machen. So lernt auch Dein Kind, dass es Fehler machen darf. Wenn Du Verständnis für Dich selbst hast, kannst Du auch Deinem Kind gegenüber Verständnis aufbringen. Wenn Du Respekt von Deinem Kind erwartest, solltest Du Dich selbst respektvoll Deinem Kind gegenüber zeigen. Wenn Ihr Euch auf Augenhöhe begegnet, könnt Ihr beide voneinander und miteinander lernen.