Freud und Leid liegen im Leben oft sehr nah beieinander. Während wir freudige Ereignisse festhalten möchten, wollen wir die Schmerzhaften vermeiden. Doch ohne Polaritäten könnten wir nichts bewusst erleben: Ohne die Abwesenheit liebevoller Gesten und Gefühle, keine Liebe erkennen. Ohne Unglück, kein Glück empfinden; ohne Langeweile, kein Enthusiasmus erleben oder auch ohne Krankheit nicht die Gesundheit schätzen.
Doch selbst wenn wir nicht immer beeinflussen können, was uns im Leben widerfährt, können wir unseren Umgang mit der Situation selbst wählen. Schmerz tut weh, doch er muss nicht dauerhaft anhalten. Wir können die Situation annehmen, die Gefühle durchleben und die Chance zum Wachstum erkennen.
Dazu eine kleine Geschichte aus dem Zen:
"Meine Frau hat mich verlassen", klagt der Mann dem Meister. "Diese Schlampe, ich bin so wütend auf sie, jeden Tag schmiede ich Rachepläne und es wird einfach nicht besser. Warum ist das Leben so schwer?"
Da antwortet der Meister: "Wenn wir verletzt werden, so ist es, als würde uns ein Pfeil treffen. Das ist Schmerz. Es tut weh. Doch es gibt noch einen zweiten Pfeil, unsere Reaktion auf die Verletzung. Unseren Zorn, unsere Sehnsucht nach Rache. Dieser zweite Pfeil geht über den Schmerz hinaus. Das ist Leiden."
In der Compassion Focussed Therapy (CFT) hat sich das Bild eines dritten Pfeiles etabliert: Den der Selbstanklage, der eigenen Schuldzuweisung, Abwertung und Scham.
Fliege wie ein Bussard über Deinen Kopf und schau von oben auf Dich und die Situation:
Steht Deine Reaktion noch im Verhältnis zum ersten Pfeil? Oder schadest Du Dir vielmehr selbst? Bist Du in der Lage Dein eigenes Leiden zu lindern?